Nele-Marie Gräber

Bringing the harvest and the questions home*

 

Nele-Marie Gräber mit Statements vieler Künstler:innen die Teil von ZNE! sind und waren.

Aufspannen, abspannen, zusammenfügen, mit sich tragen. Diesen Prinzipien folgen viele meiner textilen Arbeiten. Stoff hat ungemein viele Aspekte. Er umhüllt unseren Körper, bildet eine zweite stabile Haut, die den Wetterbedingungen trotzt. In der Mode werden durch die Art der Schnitte die Silhouette unserer Körper geformt und Schönheitsideale definiert. Über bestimmte Muster und Codes werden Geschichten erzählt, Zugehörigkeiten definiert und politische Aussagen getroffen. Textil kann eine (mobile) Behausung schaffen, einen Schutzraum. Gewebe begleitet uns von der Geburt bis hin zum Tod und über diesen hinaus, wie die Arbeit ‚Infinity Burial Project‘ von Jae Rhim Lee zeigt.
Stoffe bedeuten mir Heimat, schon seit frühester Kindheit. Die von mir verwendeten Textilien werden von Hand bearbeitet, teils gefärbt oder bemalt und Schicht um Schicht vernäht. Während des Arbeitsprozesses werden die Stoffbahnen auf dem Boden ausgebreitet, vermessen und gedreht, ein ständiges Auf und Ab von der Nähmaschine und zurück. Durch diese Form der Bearbeitung geschieht eine Verdichtung von Schichten, eine Verdichtung auch von Energie.
Meiner Auseinandersetzung liegt immer eine tiefe Wertschätzung für das Material zugrunde und ich würde mir wünschen, dass es entgegen dem aktuellen Umgang mit Ressourcen – wie etwa in der Fast-Fashion – wieder selbstverständlich wird, Socken und alles andere zu flicken, statt Kleidung nach wenigen Malen des Tragens auszusortieren und wegzuwerfen.
*Bringing the harvest and the questions home ist zugleich Untertitel dieser letzten ZNE! Station und Titel meiner Arbeit, für die ich Statements der Künstler:innen gesammelt habe, die sich beteiligen wollten, die je Teil der 13 jährigen ZNE!-Erkundung sind und waren. In einer textilen Installation kommen all diese Aussagen zusammen, bilden sozusagen das gedankliche Netz, was sich um die weit gereiste Ausstellung spannt. Eine Kollaboration mit den Gedanken so vieler Künstler:innen aus den unterschiedlichsten Ländern dieser Welt, ist neu für mich. Neu auch der Umgang mit Text in meiner Arbeit, und findet doch seine Entsprechung darin, wie ich mit Stoff umgehe: Stück für Stück wird zusammengesetzt, bis sich aus den einzelnen Teilen ein neues Ganzes ergibt.

Biografie

Nele-Marie Gräber, geboren 1983, aufgewachsen in Zürich |CH, lebt und arbeitet in Berlin.