Ein kleiner Junge im dunklen Wald. Auf den ersten Blick ein beunruhigendes Szenario. Doch wie Sternensplitter liegen die herbstlich bunten Blätter vor dem Kind, wie durch seinen Blick erleuchtet eröffnet sich vor ihm ein Weg. Nicht Unsicherheit und Gefahr, die rechts und links im unendlich Dunkeln lauern könnten, sind Thema des Bildes, sondern vielmehr der kindliche Blick. Im Moment zu Hause und voll gesunder Zuversicht, strotzt der kleine Junge vor selbstbestimmter Dynamik und Entdeckerlust und geht auf im Formenreichtum des Waldbodens.
Dieses Gefühl des Geerdetseins trägt auch Eugen Kunkels eigene Kindheitserinnerungen. In einer sehr waldreichen Landschaft östlich des Urals aufgewachsen, sei seine eigentliche Schule der Wald gewesen. Diese wertvolle Erkenntnis übermitteln uns heute seine Bilder und fungieren so auch als freundliches Mahnmal, dass unseren Kindern zu erhalten und zu gewähren, was ihn früher stark gemacht hat.
Realistische Malerei, Figur in Landschaft, Wahlheimat Greifswald – da denkt man unweigerlich an Caspar David Friedrich. Und klar sind Kunkels Bilder romantisch, sie verklären insofern sie den Fokus auf die zumeist unberührte Natur lenken und nicht ihr Schwinden thematisieren. Und, insofern Natur Religionsersatz ist. Anders als bei Friedrich, der sich ausschließlich der Rückenfigur bediente, läuft hier dem Betrachter jedoch bei ein kleiner Junge entgegen, macht nicht melancholisch sondern nimmt einen aktiv mit in die Zukunft.
Kunkel, der bevorzugt kleinere Formate in Acryl auf Holz malt, fertigte ›Im Wald‹ auf Leinwand, schlicht wegen des Gewichtes. Trotz seiner Liebe für Details, ermöglichte ihm das Großformat eine für seine Verhältnisse sehr malerische Umsetzung. Je nach Distanz des Rezipienten zum Bild ergibt sich so ein mehr oder weniger realistischer Eindruck und lädt zu verschiedenen Betrachtungsweisen ein.