Stimmen zum FÄN: KÜNSTLER:INNEN UND KULTURVERMITTLER:INNEN – TEIL 2

Fortsetzung von Fonds für Ästhetik und Nachhaltigkeit

Miro Zahra | Künstlerin | künstlerische Leitung Schloss Plüschow | Grüne Landesliste MV

wir befinden uns mitten in einer kulturellen transformation der gesellschaft, die ist genauso gewaltig wie diesozial ökologische transformation und beide gehören unbedingt zusammen. so muss der gesamtprozess der transformation auch bewusst verstanden werden. um ein leben im einklang mit der natur führen zu können, (und das ist unsere vision) ist eine transformation von einer kultur der verschwendung in der wir leben und die grundlage unseres ökonomischen systems ist, in eine kultur der nachhaltigkeit nötig. hierbei kann kunst und kultur und ihre akteur*innen eine enscheidende rolle spielen: als vordenker*innen und vermitler*innen…nachhaltigkeit bedeutet auch, dass man produktions-verhältnisse in kunst und kultur auf den weg bringt, die es ermöglichen, experimentelle projekte über einen längeren zeitraum zu verfolgen ohne erfolgserwartungszwang, sozusagen ins offene (hier sollten mehrere jahre ins auge gefasst werden) und nachhaltigkeit heißt auch, dass die am prozess beteiligten anständig entlohnt werden. sonst ist es alles sehr unglaubwürdig.
wie es so schön heißt – im mittelpunkt steht der mensch – neben der ökologisch einwandfreien produktions- weise – wenn die gesellschaft sich kulturell ändert, dann werden nachhaltig ökologische produktionsweisen selbstverständlich sein – auch in kunst und kultur. aber hierzu bedarf es eines wechselseitigen vertrauens-vollen dialoges und einer nachhaltigen partnerschaft zwischen den bündnisgrünen und der kunst und kultur sowie ihren akteur*innen. sonst ist es eine einbahnstrasse.

Jürgen K. Enninger | Referent für Kultur Welterbe Sport der Stadt Augsburg

Nachhaltiges kulturpolitisches Handeln und künstlerisch ästhetische Befassung eines nachhaltigen Miteinanders fallen viel zu häufig auseinander. Sie werden nicht zusammen gedacht oder es fehlt schlichtweg Wille und Ressource für eine Übersetzung in politisches Handeln. Um einerseits den Fragen, die sich Kultur-politiker*innen im Rahmen der Behandlung der vielfältigen klimapolitischen Herausforderungen stellen, gerecht zu werden und andererseits den umfassenden ästhetisch künstlerischen Ansätzen und Aufforderungen Rechnung zu tragen, braucht es eine Aufforderung zu mehr Miteinander. So eine Aufforderung ist gerade ein Fonds für Ästhetik und Nachhaltigkeit. Dieser Fonds ermutigt zu mehr Miteinander und mehr konkreten Handlungsansätzen als Folge künstlerischer Auseinandersetzung. Aus diesem Grund unterstütze ich diesen Ansatz.

Matthias Flügge | Rektor | Hochschule für Bildende Künste Dresden

Die Frage der Nachhaltigkeit – gestellt im Feld des Ästhetischen – bedarf verschiedener Perspektiven. Zuallererst natürlich auf den Gebieten der Architektur, des Designs, der Mode und allgemein der konsumistischen Kultur auf die das spätkapitalistische System sich ungeachtet aller sozialen Zuspitzungen und Krisen unvermindert stützt. Aber darum geht es hier nicht. Hier geht es um die Vitalisierung eines ästhetischen Aktionsfeldes zwischen den energetischen Polen von Kunst, Wissenschaft und Nachhaltigkeit. Während die dialogischen und kooperativen Beziehungen von Kunst und Wissenschaft wie deren antagonistische Differenzen ebenso breit wie unabgeschlossen untersucht worden sind, steht Nachhaltigkeit in den Künsten noch immer vor allem als Motiv, bestenfalls als Thema zur Debatte. Das bedeutet, dass auch Produktion, Rezeption, Distribution unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit neu betrachtet werden sollten. Damit sind nicht nur die materiellen und ökonomischen Gegebenheiten gemeint, sondern vor allem die geistigen, die reflexiven und prospektiven Kapazitäten künstlerischen Tuns. Aus meiner Sicht würde ein „Fonds für Ästhetik und Nachhaltigkeit“, geschaffen als öffentliches, inter-disziplinäres, auf unterschiedliche Erkenntnisweisen und -formen gerichtetes Förderinstrument, eine Leerstelle schließen können. Er sollte sich nicht an den heute gängigen Förderkriterien zuerst orientieren, sondern neue entwickeln. Ich meine, dass sich diese Kriterien an Maßstäben der Wissenschaft orientieren sollten: also das forschende Potential der Kunst unter-stützen, die Zeiträume für geförderte Projekte nicht nach der Eventqualität sondern der zu erwartenden Substanz bemessen und vor allem das Potential der jungen Generation einschließen. Ich halte es mittlerweile für einen skandalösen Zustand, dass die 24 deutschen Kunsthoch-schulen noch immer von den zentralen, gut finanzierten Fördertöpfen des Bundes (z.B. BKS, DFG) und vieler Stiftungen der Länder ausgeschlossen sind. In der Regel haben sie für inter-disziplinäre Projekte der Studierenden keine eigenen Budgets. Zahlreiche Beispiele aus den Kunsthoch-schulen – auch aus der in Dresden – beweisen aber, dass es in der studentischen Generation ein wachsendes Bedürfnis gibt, sich einer ganzheitlichen Idee von Nachhaltigkeit in der künstlerischen Praxis und der interdisziplinären Zusammenarbeit zu versichern. Diese in den vergangenen viel intensiver praktizierten Initiativen zwischen den Kunsthoch-schulen und den forschenden Institutionen und Universitäten gilt es weiter zu stärken. Auch die Forschung zu Ästhetik und Nachhaltigkeit muss nachhaltig sein.
Je früher man damit beginnt – umso besser.

Pauline Doutreluingne | Kuratorin, Anne Duk Hee Jordan | Künstlerin | Berlin

Es besteht in der Tat ein dringender Bedarf an einem Fonds für Ästhetik und Nachhaltigkeit. Als Künstlerin und unabhängige Kuratorin arbeiten wir seit vielen Jahren an einem umfassenden, künstlerischen Oeuvre. Dieses anstrengende und leere Gefühl, sich nach Abschluss eines ehrgeizigen Projekts aus Existenznot sich direkt erneut bewerben zu müssen mit frischen und immer erfinderischen Vorschlägen, und das einzige, was von dem sehr intensiven Projekt übrig bleibt, ist die Dokumentation kennen wir leider sehr gut. Wir sollten aus diesem Teufelskreis herauskommen und hoffen, dass FÄN uns eines Tages bei der Entwicklung von mehrjährige Forschungsprojekten unterstützen kann, bei denen Zeit und Ressourcen zur Verfügung stehen, um in die Tiefe und Breite zu gehen. Wenn man sich mit dem Thema Ökologie und Nachhaltigkeit beschäftigt, hofft man auf eine gesunde Beziehung zu seinem eigenen Ökosystem, und der FÄN könnte eine Quelle sein, die nachhaltige und ökologische, künstlerische, interdisziplinäre Forschungsprojekte am Leben erhält. Dies könnte es auch einer auf Nachhaltigkeit und Ästhetik spezialisierte Fachkommission ermöglichen, die Qualität der Vorschläge genau zu beurteilen und gemeinsam eine Plattform für Sichtbarkeit und Reichweite für einfallsreiches und ökologisches Denken zu schaffen.