Adib Fricke

Maßstäbe des Glücks

Wortwelten

Adib Fricke sammelt Wörter wie andere Muscheln und Seesterne. Er hortet Begriffe, archiviert Wortkombinationen, katalogisiert Sätze, findet und erfindet neue. 1994 gründete er The Word Company und produziert seitdem Wörter, die wie Bilder sind: Protonyme, Wortschöpfungen (noch) ohne Sinn, erfindet er; Begriffe wie Protonym prägt er. Das geschaffene Wort erhält eine Bedeutung, ja seinen Sinn über die Gewohnheit des Gebrauchs. Adib Fricke schafft Marken, Labels, Logos; die Gründung von The Word Company ist eine logische Entwicklung.
Das Wort-Unternehmen, so maßlos wie sinnlos.
Frickes Hauptinteresse kreist um das Wort, er widmet sich den Wörtern in ihrer Vielfältigkeit der Bedeutungsebenen. In seinen neueren Arbeiten nimmt er vorhandene Wörter als Ausgangspunkt.
Seine »Probebohrungen« führen ihn zu Textkorpora. Abfragewörter können philosophische sein oder aus der »Denk-Ecke« stammen. Das numerische Vorgehen entwickelt sich zu einer Suche nach Begriffen, die ineinandergreifen, einen formalen oder inhaltlichen Zusammenhang ergeben. Frickes Medium ist die Sprache, ein Konglomerat von Lauten und Silben, die sich zu Wörtern, zu Sätzen formen – dabei geht es ihm nicht um die konkrete Referenz oder das zuschreibbare Zitat.
Die zusammengetragenen Texte zerlegt und filtert er mit kleinen, selbst geschriebenen Programmen. Daraus entstehen große Mengen an Textfragmenten, die von ihren Quellen abgekoppelt sind. Fragmente speichert er als »weiter zu bearbeitendes« Material in einer Datenbank, die nach seinen Regeln operiert. Ist ein Fundstück zuordenbar, verliert es seinen Wert für die Sammlung. So operiert Adib Fricke auch mit List gegen das Prinzip des Kunstmarktes, der sich aus der Zuordenbarkeit speist. Sprache wird decodiert, Sätze zu Wörtern, Wörter zu Silben, Silben zu Lauten. Eine neue Sprachwelt entsteht.
Text: Anne Maier